SingGeschichten

Hier finden Sie die schönsten Geschichten und Erlebnisse zum Singen mit Kindern, in der Familie, mit Freunden, gemeinsam oder allein - erzählt von denen, die sie erlebt haben... 


Neitahs Lied
aus: "Neitah" Edith Klatt

Ein andermal widerfuhr Neitah ein großes Glück-ein großes Geschenk recht eigentlich. Da war sie auf eigene Faust ein Stückchen in das Gebüsch gedrungen, vor dem sie Rast gemacht hatten und, die Herde vor Augen, sich ausruhten und etwas aßen.
Per war noch nicht wieder bereit zum Aufbrechen, sie hörte gerade das Klinken des Feuerstahls, als er sie zurückrief: "Neitah, valla, valla, vall..." juoikte er nach ihr. "Per", kam sie atemlos angelaufen, "was hast du da gesungen?" "Ich habe nach dir gerufen, Neitah, wir wollen weiter." "ist das meine Vuolle, mein Lied - mein ganz allein eigener Ruf?" "Ja, Neitah, so werde ich dich immer rufen." "Oh, Per!" Sie verstummte vor Glück. Jetzt hatte sie eine eigene Vuolle. Wie andere Kinder auch, die geliebt werden. Jetzt war sie hier ganz beheimatet.


Mama, nochmal

Wenn meine Kinder ein Lieblingslied haben, hören sie oft stunden-, tage -, manchmal wochenlang vor allem ein und dasselbe Lied. (Das betraf meist Lieder von CD's, weil der CD-Player noch ausdauernder singen kann als ich.) Glücklicherweise hat mich das nie gestört, hatte es sich doch ergeben, dass ich meine Lieder, ob Mantren, Rock oder Arien, in der Regel selber durch stundenlanges Hinhören, Mitsingen, Nachsingen, Zurückspulen, wieder hinhören gelernt, bis ich Schicht für Schicht das Lied und den Menschen, der es sang, verstanden und meine Lektion gelernt hatte.


Regelmäßig singen – und die Kinder?


Als meine jüngste Tochter ca. 1 Jahr alt war, traf ich mich regelmäßig alle 14 Tage mit vier anderen Frauen zum Singen. Wir wollten Erfahrungen mit Mantra – Singen sammeln. Alle hatten wir kleine Kinder bis zum Vorschulalter und nahmen die natürlich mit. Wir Erwachsenen freuten uns auf die Treffen immer wie auf ein besonderes Ereignis. Zuerst gab es immer eine kleine Ankommensphase mit einem leckeren Tee oder Kaffee, Obst oder Nüssen. Die Kinder konnten, während wir Erwachsenen sprachen, nach ihrem Bedürfnis noch auf unserem Schoss bleiben oder mit den anderen Kindern spielen gehen. Unsere Treffen waren immer richtige Höhepunkte für uns. Wir freuten uns aufeinander, auf die schönen Klänge, nach denen wir schon Sehnsucht hatten und die wir alleine zuhause ja nicht reproduzieren können, auf die Ideen und Visionen, die beim singen kamen.
Die Gastgeberin hatte den "Singraum" schon vorbereitet, wir setzten uns ganz nah im Kreis und begannen meist mit einem freien Gesang zu fünft. Ich erinnere mich an die Zeit dieser Treffen besonders gern. Die gemeinsamen Gesänge haben uns Frauen sehr miteinander verschweißt und in dieser Verbundenheit standen wir uns in Zeiten des Glücks und in Krisenzeiten wie Trennungen, schwerer Geburten, aber auch während Ausbildungen gegenseitig im Rücken.

Während der Jahre, da wir so zusammen singen konnten, nahmen wir Mütter das gemeinsame Spiel der Kinder und unseren Kontakt zu ihnen als eine besonders beglückende Erfahrung mit. Die Türen in der Wohnung waren immer offen, so dass die Kinder uns hören konnten (und wir sie), die Atmosphäre sich ausbreiten konnte und die Kinder jederzeit zu uns konnte.

Wir sangen ca. 1,5 Stunden. Währenddessen waren die Kinder ebenso in ihr Spiel vertieft, wie wir in unseren Gesang. Wer das einmal erlebt hat, weiß, dass die Aufmerksamkeit für einen guten Gesang sowohl einen selbst als auch die, die mitsingen, als auch das unmittelbare Umfeld als auch die ganze Welt einschließt. Wenn wir gut beieinander waren, waren es die Kinder auch. Es gab keinen Streit unter ihnen während der ganzen Zeit und auch vorher und hinterher nicht. Zwei der Kinder empfinden sich nach wie vor fast wie Geschwister.
Öfter sind die Kinder in unseren Kreis gekommen, während wir sangen. Manchmal legte sich eines einfach in unsere Mitte und ließ sich besingen. Mal saß eines zwanzig, fünfundzwanzig Minuten auf dem Schoß der Mutter und war ganz selbstvergessen. Selbstredend, dass sie die Lieder die wir sangen, auch bald konnten, und wir sie bei vielen Gelegenheiten mit der Familie immer wieder sangen.
Das selbstvergessene Spiel unserer Kinder, die Ruhe und der Frieden, die Geborgenheit, die wir den Kindern und uns bei diesen Treffen geben konnten, gehören zu den intensivsten beglückenden Erlebnissen meines Lebens.



Mama, Kinderlieder hören

Maja (2 ½) singt mit ihren Eltern richtig viel. Mal singen Mama und Papa etwas vor, mal singen sie schon zusammen die ersten Lieder, mal singen und tanzen sie bei einer schönen CD oder einem schönen Lied im Radio mit. Man merkt Maja an, das das Singen für sie ganz einfach Kommunikation ist. Wie Sprechen, nur mit ganz eigenen Inhalten. Sie will ihre Eltern hören. Aber nicht nur. Wenn die Eltern einige Lieder gesungen haben, wünscht sich Maja: "Papa, Kinderlieder hören." Damit meint sie nicht unbedingt CD's mit Kinderliedern oder von Kinderliedermachern. Sondern sie will Kinderstimmen hören. Das macht sie ganz deutlich. Sie will hören, wie andere, ältere Kinder singen. Und sie hört genau hin, freut sich über ein bestimmtes Wort, spricht es nach, tanzt und lässt sich von der Atmosphäre anstecken. Was sie besonders interessiert, hört sie mehrmals...


das Einschlafritual

Das Einschlafritual ist bei Sina ganz klar auf das Zubettbringen begrenzt. Zeit füreinander, in der Sina die Aufmerksamkeit der Mutter oder des Vaters genießt (beide arbeiten jeweils die halbe Woche), richten sie sich ein, wenn Sina vom Kindergarten nach Hause kommt. Dann wollen sie zusammen spielen, Freunde sehen oder einfach nur einen Kaffee trinken. Hausarbeit, die man nicht zusammen machen will, wird erledigt, wenn Sina schläft.
Deshalb braucht Sina die Zuwendung der Eltern nicht mit dem Einschlafritual verbinden. Nach dem Gute Nacht – Lied oder einer Gutenacht – Geschichte singt sie oft selbst im Bettchen noch eine Weile, bis sie einschläft.


Das Singe – Wienerwürstchen

Eines Abends, Henni war gerade 2 Jahre alt, soll Papa ihr beim Abendbrot machen eine Wiener in die Hand geben. Henni stellt sich damit auf einen Stuhl, hält sich die Wiener vor den Mund und singt. Die Wiener wird offenbar zum Mikrofon. Die Eltern vermuten, dass Henni das vielleicht irgendwo im Fernsehen oder bei einem Konzert im Sommer oder bei Freunden aufgeschnappt haben könnte. Das wissen sie aber nicht genau. Sie verstehen aber, Henni will sich ihnen so mitteilen. Sie singt vor allem ohne Text, einfach Silben, Vokale, im Moment entstehende Tonfolgen. Ihr Blick ist dabei ein bisschen in sich versunken oder ins unbestimmte Weite gerichtet. Sie möchte, dass die Eltern zuhören, möchte auch einen Applaus als Bestätigung. Die Eltern verstehen dieses Ritual, das Henni für sich entdeckt hat und fast ein dreiviertel Jahr fast täglich macht, vor allem als Kommunikation. Es beginnt damit, dass Henni sich die Wiener wünscht (oder einen Streifen Käse o.ä.). Dann beginnt sie und die Eltern räumen ihr diese Minuten auch ein.
Jetzt, als ich die Mutter nach ihren Erlebnissen frage, hat Henni das Ritual beendet und seit ca. 4 Wochen nicht mehr nach dem Singe – Würstchen gefragt.


Verbindung auch in schwierigen Zeiten

Das Wiederholen haben meine Kinder von mir übernommen. So hatten wir seit ihrer Baby – Zeit immer Lieder, die wir alle zusammen immer und immer wieder gesungen haben, beim Hausputz, beim Kochen, beim Autofahren, einfach weil es ein schöner Tag war oder weil eben einer von uns damit anfing. Das funktionierte sogar immer noch, als meine Älteste in die Pubertät kam und wir manche Spannung miteinander hatten. Irgendeine CD läuft, Pop oder Kinderlieder, Mantren oder Lieder aus aller Welt, und bei irgendeinem Lied packt es uns und die ganze Familie singt lauthals 10, 20, 30x dieses Lied. Gerade in der für mich nicht leichten Teenie – Zeit meiner Tochter konnte ich dadurch die Liebe und die Verbindung zwischen uns fühlen, spürte, dass sie mir nicht entgleitet, und das gab mir immer wieder das Gefühl: grundsätzlich ist alles in Ordnung.

Grenze zwischen Sprechen und Singen?

Fenjas Sprechen geht oft in einen Singsang über. Während sie mit ihren Eltern erzählt, ist es, als wenn die Sprachmelodie auf einmal Flügel bekommt. Die Silben werden länger, ihre Stimme klingt ein bisschen anders.


Hänsel und Gretel

mit 2 ½ Jahren liebt Hanna Märchen. Davon hat sie ein Bilderbuch. In der gemeinsamen Zeit, wenn Hanna aus dem Kindergarten nach hause kommt, bringt sie fast täglich das Buch zu Mama und möchte es mit ihr zusammen ansehen und die Geschichte hören. Mama singt ihr das Märchen vor. Hanna singt manche Stellen mit. Bei anderen Stellen ist sie beschäftigt: da hat das Buch ein Eselsohr bekommen, hier ist ein Vogel auf dem Bild zu sehen und der macht so: tirili – tirili, lalalala singt sie wieder ein Stück mit, dann fragt sie etwas... Und nach dem Ende bittet sie Mama, das Lied und das Buch wieder von vorn anzufangen.


Hanna singt Medleys


Ein paar Monate lang, um ihren 2. Geburtstag herum, hingen bei Hanna viele Lieder aneinander, wie bei einem Medley. Ihre Mutter beschreibt ihren Eindruck: Hanna folgt mit Liedfetzen ihren Gedanken. Sie singt vor sich hin beim Spielen. An einem bestimmten Wort bleiben ihre Gedanken dann hängen und gehen in ein neues Lied über, bis sie wieder an einem Gedanken hängenbleibt und mittendrin ein weiteres Lied beginnt... Keines singt sie von Anfang bis Ende.
Erst einige Zeit später singt Hanna auch ganze Lieder – in Verbindung mit den Märchenbüchern.


Rans Lied


Während ich mit Ran schwanger war, lernte ich ein indianisches Lied, das mich aus irgendeinem Grund sehr berührte. Ich fühlte mich irgendwie eins mit diesem Lied und sang es oft, für mich und auch zu dem Baby in meinem Bauch. Als sie geboren war, sang ich ihr dieses Lied zum Einschlafen, zum Trösten, zur Beruhigung. Es war ihr Lied, wie ihr Kleid, ihr Buch, ihre Blume... Jetzt, nachdem sie in der Schule ist und schon "groß", stimme ich es manchmal an, wenn ich merke, sie ist müde und kommt nicht zur Ruhe. Manchmal sagt sie dann: "Mama, nicht "Neesa" singen, ich will doch nicht schlafen..."

Singen auf dem Fahrrad

Fenjas Mutter bringt Fenja oft mit dem Fahrrad zum Kindergarten oder holt sie ab. Beim Fahren singen sie recht laut. So laut, wie man auch sprechen würde. Peinlich ist ihr das nicht und es stört sie auch nicht, wenn andere sie hören. Obwohl die Mutter keine Sängerin ist, nie eine musikalische Ausbildung hatte, nicht mal regelmäßig im Chor singt. Aber sie singt viel und gern und bei vielen Gelegenheiten auch mit Freunden. Während des Fahrradfahrens mit Fenja zu singen hilft, sich dabei zu verständigen. Das Kind sitzt hinter ihr, der Fahrtwind ist laut, sie können sich nicht ansehen. Erzählen ist da viel anstrengender als Singen. Deshalb singen sie das, was sie sagen wollen.